MAPPING BIRMINGHAM – Ein Gespräch mit der Künstlergruppe connect 48/11
connect 48/11 – das sind Britta Baßler, Johanna Eder, Martina Fiedler, Franziska Gast, Rosa Quint und Sasubrina Reinmund. Sie zeigen noch bis 13. April 2019 in der FÄRBEREI ihre Ausstellung MAPPING BIRMINGHAM. Unsere PraktikantInnen Lena Peschke und Rika Barnikel wollten mehr über die Künstlergruppe und ihre Ausstellung wissen und haben sie dazu befragt:
Woher kommt der Name des Künstler*innen Kollektivs?
Rosa Quint: Der Name connect 48/11 hängt mit unserer künstlerischen Intention zusammen. Mit unserem City Mapping Konzept wollen wir uns mit anderen Städten, Orten und Personen in Bezug setzen, also Verbindungen herstellen. 48/11 sind dabei die Koordinaten von München, unserem Ausgangspunkt.
Britta Baßler: Der Name ist entstanden auf einer langen Zugfahrt zurück nach Hause, also auf einem Verbindungsweg zwischen einer Stadt, die wir „gemappt“ haben, und unserer Heimatstadt.
Wie fand sich die Gruppe?
Rosa Quint: Die Künstlergruppe entspringt einem universitären Zusammenhang und arbeitet seit ihrem ersten Projekt in Paris 2008 zusammen – seit 2016 weitgehend in der gleichen personellen Besetzung.
Johanna Eder: Mittlerweile leben und arbeiten wir alle in sehr unterschiedlichen Kontexten und vertreten ja auch verschiedene Generationen, künstlerische Stile und Ausdrucksweisen. Das macht das künstlerische Miteinander so spannend und bereichernd.
Gab es schon früher gemeinsame Ausstellungen?
Rosa Quint: „mapping birmingham“ ist bereits das sechste gemeinsame City-Mapping Projekt der Gruppe. Nach Ausstellungen zu den Projekten Paris, Florenz, Krakau, Thessaloniki und Sibiu.
Wer gestaltet die Ausstellung in der Färberei mit?
Britta Baßler: Wir gestalten die Ausstellung als Gruppe gemeinsam. Jede übernimmt verschiedene Aufgaben. Die Birminghamer Künstler haben wir eingeladen.
Johanna Eder: Das konnten wir Dank einer Förderung durch die Landeshauptstadt München tun, was uns wirklich sehr freut! Denn so kommt der connect-Gedanke richtig zum Tragen.
Rosa Quint: Die Britischen Gastkünstler der Still Walking Gruppe aus Birmingham gestalten das Begleitprogramm zur Ausstellung mit. Auch die Münchner Klangforscherinnen Birgitta Breidenbrücker und Susanne Langholf sind diesmal mit dabei. Außerdem wird die Vernissage von der Band Vitrinen Club bereichert.
Wie entstand die Idee/das Konzept für Mapping Birmingham?
Rosa Quint: Dieses Mal stießen wir durch einen persönlichen Kontakt auf die Gruppe Still Walking. Nach Recherchen zur Stadt entschieden wir uns, Birmingham zu unserem nächsten City Mapping Projekt zu machen. Besonders reizvoll war es natürlich auch, die Künstler vor Ort zu treffen und sich auszutauschen.
Johanna Eder: Das hatten wir uns schon lange gewünscht, um dem „connect“ in unserem Namen noch gerechter zu werden. Bisher suchten wir uns – eher unbewusst – oft die zweitgrößte Stadt eines europäischen Landes. Mit Birmingham ist es dieses Jahr wieder genauso. Im Vorfeld informieren wir uns immer über Charakteristika der Stadtgeschichte, über die Bevölkerung, das kulturelle Leben, die politische und wirtschaftliche Situation und wählen vor allem danach aus. Was uns an Birmingham reizte, war neben dem europäischen Kontext des Brexit die Tatsache, dass wir quasi nichts über diese Stadt wussten, obwohl sie die zweitgrößte Stadt Englands ist. Schnell stellte sich heraus, dass sich viele aktuelle gesellschaftliche und globale Phänomene in Birmingham bündeln.
Mit welchen Themen oder welcher Frage setzt ihr euch in eurer Kunst besonders auseinander und warum? Gibt es eine Thematik, welche euch besonders bewegt hat?
Rosa Quint: Unser künstlerisches Vorhaben ist mit einem forschenden Ansatz verbunden. Im Sinne von Raumerkundung und Ästhetischer Forschung fließen in die künstlerische Arbeiten oft Recherchen in unterschiedlichen Medien sowie Aufzeichnungen und Skizzen vor Ort ein.
Britta Baßler: Jeder hat unterschiedliche Ansatzpunkte. Für mich sind es immer wieder die Menschen einer Stadt, in denen Kulturspezifisches, Stadtentwicklung und Mentalität zum Ausdruck kommen. Ich beobachte Menschen in dem, was sie tun, wie sie sich bewegen und wie sie einen Raum füllen und entwickle daraus für die jeweilige Stadt einen roten Faden. Die Arbeiten haben immer auch etwas mit Raum zu tun. Für Birmingham sind es Deckel, die wie ein kleiner Fernseher oder ein Guckkasten wirken.
Johanna Eder: Ich befasse mich gerne mit kuriosen Spezifika, die es nur in dieser einen Stadt oder Region gibt. Diesmal untersuchte ich besonders postkoloniale Dynamiken. Birmingham hat ein „Signature Dish“. Was für München die Weißwurst, ist für Birmingham interessanterweise das Balti Curry. Damit identifizieren sich die Brummies, wie sich die Birminghamer nennen. Es wurde 1977 vom pakistanisch-stämmigen Koch Mohammed Ajaib eingeführt. Danach benennt sich auch das ethnische Viertel „Balti Triangle“ in Birmingham, wo die größte pakistanische Minderheit außerhalb Pakistans lebt. Ich erforschte dieses Gericht als Symbol und Metapher für transkulturelle Phänomene. Zur Finisage am 13.4. werde ich meine Performance BALTI TRIANGLE zeigen – dieses Jahr mein Hauptbeitrag zur Ausstellung. Darin geht es um die heterogenen Einflüsse in Birminghams Stadtkultur. Da wird man dieses Gericht sogar probieren können.
Wurden spezifisch zur Ausstellung bestimmte Themen, Techniken, Materialien, Formen und Motive verwendet? Wenn ja, warum?
Rosa Quint: Thema und Technik hängen bei unserem Vorgehen eng zusammen. Nicht alle inhaltlichen Aspekte lassen sich in gleicher Weise treffend in jeder künstlerischen Technik ausdrücken. Deshalb wählt jede Künstler*in ihre spezifisches Material und ihre eigene künstlerische Technik, um ihre Idee umzusetzen. Das Ergebnis ist – wie auch bei dieser Ausstellung – ein breites Spektrum und eine Vielfalt von Motiven, Material und Techniken.
Johanna Eder: Die künstlerischen Arbeiten reichen von Malerei und Druck auf Holz, Plexiglas und Metall über zeichnerische Palimpseste, Sammlungen, Installationen und Schmuckobjekte hin zu Fotografien und Performances. Das hängt mit den vielfältigen Eindrücken Birminghams zusammen. Wir lassen uns vom dort vorgefundenen Material inspirieren – sei es materiell oder immateriell. Dazu kommt, dass wir selbst ja auch eine heterogene Gruppe mit ganz unterschiedlichen Interessen und Wahrnehmungsweisen sind. Und dennoch als Gruppe ein gemeinsames Projekt haben. Diese Vielschichtigkeit lieben wir sehr und das sieht man unseren Ausstellungen glaube ich auch an.
Eure Kunst ist…
Britta Baßler: Ästhetische Forschung im urbanen Raum!
Johanna Eder: … vielschichtig, überraschend, sinnlich, vernetzt, erlebenswert!
Vielen Dank für das tolle Gespräch!
Das Interview führten Lena Peschke und Rika Barnikel.